Auf Karpfen bei eisigen Temperaturen
Der Winter ist im vollen Gange und bei uns Karpfenanglern steigt der Drang ans Wasser zu kommen und den ersten Karpfen des Jahres zu fangen. Aber was, wenn alle Gewässer zugefroren sind?
Es ist nun Anfang Februar und ich habe es satt zuhause mein Tackle durch zu sortieren. Meine Arbeit bietet mir momentan nicht viele Möglichkeiten mein Hobby zeitreich nutzen zu können. Das kennen sicherlich viele Angler. Sowas frustrierendes, aber was will man machen. Man freut sich auf den anstehenden Frühling und der Drang zu Fischen wird in einem immer größer. Zwar sind die großen Karpfenmessen gerade erst einige Tage her, aber das neue Tackle muss man wie bekannt, natürlich sofort testen. So stellt sich uns Karpfenanglern die Frage, an welches Gewässer es bei der nächsten Gelegenheit denn gehen soll. Nicht jeder hat die Möglichkeit an einen Fluss zu gehen, welcher auch bei Minusgraden eine freie Wasserfläche gewährt. Unsere kleinen Flüsse sind sehr launisch und nicht gerade sehr tief. Zudem sind mindestens zweiwöchige Futterkampagnen nötig, um den Platz zumindest ansatzweise attraktiv zu gestalten. Das einzig gute im Winter ist, dass viele Kollegen bei den Temperaturen das Wasser meiden. So nimmt der Angeldruck doch um einiges ab.
Also schossen mir so einige Gedanken durch den Kopf. Wo geht es jetzt hin? Lohnt es sich vor zu füttern, wenn ich vielleicht nur für einen Tag raus komme? Was ist, wenn dann doch jemand auf meiner Stelle sitzt, da ich ja nur am Wochenende fischen kann? Schwierig! So nutze ich die kurze helle Phase nach Feierabend und fuhr mit dem Wagen ein paar Gewässer ab und schaute, wie es mit Eis aussah. Der große Baggersee war natürlich durch die hohe Wasservogelaktivität frei, jedoch sind Boote erst wieder im April gestattet. Und ohne Boot ist es extrem schwierig. Der kleine Waldsee war bereits komplett von einer dicken Eisschicht überzogen und der Fluss, den hatte ich ja von vornherein ausgeschlossen. Also schaute ich an einem kleinen Parkteich vorbei. Ich dachte auch dieser sei durch seine Größe eingefroren, aber zum Erstaunen lag er frei. So beschloss ich am Sonntag meine sieben Sachen zu packen und früh hinzufahren.
Als dann am Sonntagmorgen um 7:00 Uhr mein Wecker ging, sprang ich höchst motiviert auf. Nach dem morgendlichen Blick aus dem Fenster, sah ich neben einem wunderschönen orangenen Sonnenaufgang, eine total vereiste Landschaft. Das zog meine Laune zwar runter, aber ich wollte unbedingt ans Wasser. Wie wir Karpfenangler halt so sind, wenn es losgehen soll, war ich in 10 Minuten fertig mit dem Anziehen, Waschen und Frühstücken und belud das Auto. Auf dem Weg dorthin zeigte mir das Auto eine Temperatur von -5 Grad Celsius an. Egal ich musste es versuchen. Als ich die Kurve zum Stadtpark einschlug, lag eine gefrorene Parklandschaft mit einem vereisten Tümpel vor mir. Von jetzt auf gleich war meine Laune im Keller. Doch was war das?! Am Ende des Weihers, war eine kleine Fläche, von nicht mal 10 Metern Durchmesser, von den Enten freigeschwommen.
Da ich das Gewässer von früher kannte, wusste ich, dass es nicht die produktivste Ecke im Gewässer war, aber nach kurzem zögern, stand meine Entscheidung fest.
Raus aus dem Alltag und rein in die Natur, auch wenn das bei meiner Parkanlage nur ansatzweise zutrifft. Ich musste einfach dem Alltag, der mich gefangen hatte entkommen. So schleppte ich mein Tackle an eine alte Burgmauer, welche an den Weiher grenzt. Schnell war der Schirm aufgebaut und die Zeltheizung lief. Meine Hände lahmten schon und mein Gesicht war ebenfalls eiskalt. Doch als dann endlich alles stand, montierte ich die Ruten. Auf der einen wurde ein 15 mm Frankfurter Sausage mit einem Fakemaiskorn aufgepoppt. Diesen ummantelte ich noch mit der Frankfurter Sausage Paste von SBS. Diese Rute platzierte ich direkt an einer Eiskante, soweit wie es nur ging, in Richtung meiner sonstigen Hotspots. Naja, diese waren zwar noch 15 Meter entfernt, aber was soll man machen. Rasch war eine Hand voll Frankfurter Sausages hinterher geworfen. Nachdem diese im Bissanzeiger abgelegt wurde, ging es zur zweiten Rute. An dieser wollte ich ein bisschen herumspielen und ein paar Baits ausprobieren. So montierte ich einen 15mm M3 unter einem verkleinerten Dark Firefly Pineapple Popup. Den Hookbait dippte ich in einem M3 Dip und pouderte den Köder zusätzlich im M4 Fluropouder.
Nachdem der Köder mit einer schleimigen, roten, glibberigen Schicht überzogen war, ging dieser an eine Kurve, wo es nur 60 cm tief war. Wenn man keine Auswahl hat, muss man sich eben mit dem zufrieden geben, was man hat. Naja, es waren mittlerweile nur noch -1 Grad Celsius und die Sonne hatte schon ordentlich Kraft. Also hoffte ich, auch wenn es sehr unwahrscheinlich war, dass die Fische vielleicht in Flache ziehen, da … Ach was weiß ich, ich hatte eben keine andere Option und musste es mir ja irgendwie schön reden.
Nachdem ich auch dort eine Hand voll gecrushter Boilies fütterte, machte ich es mir in meinem Groundhog gemütlich. Durch die Heizung hatte ich es auch mollig warm. Also vertrieb ich mir die Zeit, indem ich ein bisschen was las und Rigs band. Als eine Windböe über mein Zelt fegte und Eispartikel über das Eis trieb, piepte mein Siren drei Mal und die Spitze schlug ordentlich aus. Zuerst dachte ich es seien Enten gewesen, welche im Wasser umher schwammen, jedoch war keine zu sehen.
So zog ich mich in meinen Brolly zurück und entspannte. Aus 11 Uhr wurde rasch halb 1. Müde spazierte ich ein wenig um mein Zelt und schaute mir die Natur an. Die Rotkehlchen jagten über die Sträucher und auch ein Hase lief über die Parkanlage. Aus heiteren Himmel riss mich das Kreischen des Bissanzeigers aus meinen Gedanken und aus Entspannung wurde Aktion.
Nach wenigen Sekunden war die Rute von der Ablage gerissen und der Swinger baumelte in der Luft. Als ich den Kontakt zum Fisch aufnahm, spürte ich kurze, aber heftige Kopfschläge. Ich war überrascht, dass der Fisch so viel Power auspackte. Das Wasser hatte nämlich gerade mal 2 Grad Celsius im Mittelwasser. Trotz einiger Fluchten, war der Fisch nach wenigen Minuten über den Kescherrand gezogen. Ich atmete erleichtert aus und konnte auf einen schönen Schuppi blicken. Als dieser gerade in der Abhakmatte landete, kam ein Arbeitskollege vorbei. Was ein Timing! Netterweise schoss dieser ein paar Fotos, so dass der kleine 15 Pfund schwere Karpfen schnell wieder in sein Element zurück kann.
Besonders bei diesen Temperaturen ist es wichtig, den Fisch schnellstmöglich ins kühle Nass zurück zu befördern, da ihm sonst Schleimhautverletzungen drohen können. Es war zwar kein Riese, aber ich war froh bei den Bedingungen, trotzdem mit dem ersten Fisch des Jahres belohnt zu werden. Dennoch war ich überrascht, da ich niemals damit gerechnet hätte, dass ein Karpfen bei diesen Temperaturen auf einen 60 cm tiefem Spod beißt. Aber beim Angeln geschehen ja sowie so viele unerwartete Dinge. Nach wenigen Minuten saß ich wieder im Zelt, diesmal aber mit meinem Kollegen und wir unterhielten uns über die verschiedensten Themen. Auch wenn mich so Parkanlagen faszinieren, weshalb ich bald auch einen separaten Bericht über diese Gewässer schreiben werde, regen einen so manche Kommentare von vorbeigehenden, älteren Herrschaften oder Familien auf. „ Guck mal, die haben sogar eine Gasflasche beim Campen dabei, so werden die Fische direkt vergast“, oder ähnliches durften wir uns anhören. Die meistgestellte Frage war dennoch, ob in diesem Weiher überhaupt Fische schwimmen. Naja wenn man auf meine Ruten schaut, wäre diese Frage für normal denkende Menschen schnell überflüssig. Aber man klärt ja gerne jeden über sein Hobby auf und blickt in so manch erstauntes Gesicht.
Nachdem ich wieder alleine war, ging mein Swinger erneut nach oben. Irgendwas spielte an meinem Köder. Als ich diese 5 Minuten später zur Kontrolle einholte, zappelte eine Brasse am Ende meiner Schnur. Nachdem diese schon am Ufer abgehakt wurde, schoss ich noch einige Fotos. Auch die langsam sinkende Sonne war mein Motiv, welche den Weiher in ein warmes Orange bettete.
So war für mich die Zeit gekommen, die Ruten zusammen zu packen und mich zu Hause auf zu wärmen, auch wenn es einem in der Sonne, im Hoodie schon relativ angenehm erschien. So beendete ich glücklich die Tagessession mit untergehender Sonne und fiebere dem Frühling schon sehnsüchtig entgegen.
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